Sperrmüllwoche für Freunde

Ein "kuratiertes" Leben ist keine Lösung, sondern unreife Selbstüberschätzung

Wir Menschen neigen immer mehr dazu, alles in unserem Leben mit übertriebener Wichtigkeit aufzuladen. Selbst das Entrümpeln unserer Wohnungen wird mittlerweile als Minimalismus-Style vermarktet und soll auf lange Sicht zu einem „bedeutungsvollen Leben“ führen, wie die FAZ Quarterly behauptet. Wir sollen jedes Kleidungsstück und jeden Einrichtungsgegenstand in die Hand nehmen und erspüren, ob er uns glücklich macht.

Und als neuer Minimalismus-Trend kommt jetzt noch die soziale Entrümplung dazu: Der gesamte Bekanntenkreis soll „kuratiert“ werden, jeder einzelne Kontakt, Kollege oder Freund auf seine Liebenswertigkeit und Wahrhaftigkeit überprüft werden. Wer die eigenen Ziele und Werte nicht mehr teilt, wird aktiv entsorgt. Es gibt erste YouTube Videos und Blogs dazu, in denen nach jedem privaten Treffen eine dreitägige Pause empfohlen wird.

Verlor man sich früher einfach aus den Augen, wird heute über die banale Tatsache, dass einem manche Menschen nicht so wichtig sind, eine Art narzisstische Soße der eigenen außergewöhnlichen Bedeutung gegossen. Noch aus den kleinsten Ritzen unseres Alltags versucht unsere individualistische Kultur eigene Wichtigkeit herauszupulen, um unsere banalen Leben aufzuplustern. Wir wollen uns mit allem was wir tun, außergewöhnlich fühlen – in einer Welt, in der es immer schwerer wird, Anerkennung und Sinn zu finden.

Doch bringt diese andauernde infantile Selbstüberschätzung eigentlich nur einer Wirtschaft wachsende Gewinne, die unsere narzisstische Sehnsucht nach Aufmerksamkeit immer geschickter ausbeutet. Denn wir selbst finden sicher keinen Sinn im Leben, wenn wir wie Kleinkinder glauben, wir wären der Mittelpunkt der Welt.

Narzissten wie wir