Hilft die Wahrheit Donald Trump beim Lügen?

Lügt Trump grundlos und gibt es die unbestimmte Lüge? Was ist richtig und was ist falsch?

In der Wochenzeitung „Die Zeit“ ist diese Woche (36/2020) ein Artikel („Jetzt Mal ehrlich“) über die zersetzende Wirkung von rechten, populistischen Lügen erschienen: Die Verschwörungstheoretiker und Querdenker, zu denen man auch Donald Trump mit seinem Verhalten und Aussagen zählen muss, gefährden mit ihren sogenannten „alternativen Fakten“ die Errungenschaften der Demokratie. Hier wird behauptet, Trump hätte eine neue Dimension des Lügens erfunden: „Die zwecklose Lüge“. Trump lügt demnach „einfach so“.

Dabei muss jedoch beachtet werden, dass niemand „einfach so“ etwas tut oder gar lügt – schon gar nicht Menschen mit einer ausgeprägten narzisstischen Persönlichkeitsstörung. Denn gerade solche Narzissten lügen sich die Welt zurecht, im Sinne ihres pathologisch überhöhten Selbstwertgefühls.

Trump lügt demnach niemals unbestimmt, es dient immer seinem übersteigerten Größenselbst, seinem Glauben, er sei Fachmann (in allem) – und der Niederwerfung aller anderen Minderwertigen. (Auch darin gleicht er den Pseudo-Fachmännern und Frauen aus der Querdenkerszene und ihren pathologischen Verwandten, den Verschwörungstheoretikern, die sich überall im Netz und auf Berliner Straßen tummeln.)

So gibt es gar keine alternativen Fakten, sondern nur eine geltungslogische Wahrheit, die Wirklichkeit, die passiert. Es gibt linke und rechte Interpretationen dieser Wirklichkeit, die immer auch die eigenen narzisstischen Interessen unterstützen sollen. Denn nicht nur Donald Trump ist Narziss – wir sind alle Narzissten, im Interesse unserer Interessen.

Doch Donald Trump hat darüber hinaus eine narzisstische Persönlichkeitsstörung (wie die Yale-Universität kurz nach seiner Wahl feststellte – auf einem Kongress von Fachleuten für diese Störung und zur Warnung der Menschheit).

Die Wirklichkeit ist jedoch – durch unser eigenes Verschulden, unsere infantil-narzisstischen Ansprüche – so unerträglich geworden, dass Menschen wie Trump leichtes Spiel haben. Der allgemeine Verzicht ist so notwendig geworden, dass wir ihn allzu gerne verdrängen. Deshalb hören wir Lügen heute lieber als die Wahrheit.

Nun gilt es also nach vier Jahren Lügen und alternativen Fakten, die Menschheit wiederum zu warnen, vor den immer schlimmeren Konsequenzen unserer Verdrängung und dem Verschleiß der Wahrheit. So müssen wir reiferen Narzissten uns der Wahrheit und Weitsicht auch gegen unsere persönlichen Interessen und Vorteile verschreiben, damit unsere Orientierung, unser demokratisches Regelwerk nicht weiter aus den Fugen gerät. Wir brauchen die Wahrheit, damit sich unsere Sicherheit, unser Wohlstand und unsere Freiheiten nicht immer weiter zersetzen, weiter in Straßenkämpfen und Lockdowns münden.  

Wir Menschen brauchen in unserer Wertegruppe ein geltungslogisches, wirklichkeitsnahes „Richtig“ und „Falsch“, um unser (Über)Leben auszurichten, gemeinsam in eine gute Richtung zu arbeiten, uns verpflichtet zu fühlen und Vertrauen zu behalten. Denn wir sind soziale Wesen. Und das Soziale, als evolutionäre Strategie für das bessere Überleben, braucht gemeinsame Werte, die geltungslogisch funktionieren, also die Wahrheit sind. Nur so kann die Gruppe zusammen halten – und nicht mit Lügen gespalten werden, weil ein paar pathologische Narzissten glauben, ihre Weltsicht und ihre infantil-narzisstischen Ansprüche können die Wirklichkeit (weiter) beugen.